„Siegfried wurde für mich so etwas wie der grosse Bruder. Besser kennen lernte ich ihn aber erst nach dem tragischen Unfall mit Roy, im Jahr 2008. Es hatte sich herumgesprochen dass ich die Fliegende Kutsche in Puerto Rico zeigte. Siegfried reiste dafür auf die Karibikinsel, besuchte die Show, erst incognito, am zweiten Abend dann als Siegfried. Es war seine erste Reise alleine, ohne Roy, ohne Angestellte, ohne Team. Für ihn eine ganz neue Erfahrung. Vielleicht war es auch die erste Reise zu sich selbst, nachdem er sich über Jahre immer um Roy kümmerte. Nun wollte er eben selber Auto fahren, ohne Chauffeur. Er wollte lernen wie man das Auto tankt, einkauft, all die normalen Dinge eben, welche über Jahrzehnte seine Entourage ausgeführt hatte.
Auf Anhieb verstanden wir uns prächtig. Neue Ideen interessierten ihn brennend, über die Jahre fragte er immer wieder danach. Er war witzig und erzählte unglaubliche aber auch sehr lustige Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben. Und er hatte immer einen Spruch auf Lager. Im Foyer nach der Show schnappte er sich gleich mal meine neue Flamme Vivi und tanzte mit Ihr über’s Parkett, Salsa natürlich. Zusammen fuhren wir durch San Juan, wir assen aus einem Teller, hatten Spass, schlenderten durch „Old San Juan“ und er erzählte von vergangenen wilden Zeiten, wie er und Roy vor vielen Jahren mit den Tigern an die Strände von Puerto Rico baden gingen.
Mehrere Male besuchte er mich zuhause in Feusisberg im Magic-House und ich ihn in Las Vegas. Bei mir wollte er immer „Leberli“ essen, das bekam er in den USA nicht und erinnerte ihn an seine Kindheit in Rosenheim, Deutschland. Einmal sagte er: „Peter ich beneide Dich. Du kannst auftreten wo und wann Du willst, bist niemandem Rechenschaft schuldig“. Da war ich sprachlos. Träumt doch jeder Illusionist von einer Mega-Show in Las Vegas wie Siegfried & Roy sie hatten. Ja, dieser Traum ging für Siegfried & Roy in Erfüllung. Aber es war auch härteste Arbeit ohne Pause, über Jahrzehnte. Nur die Show zählte. Und als sie sich nach vielen Jahren erstmals einen, dann zwei Frei-Tage pro Woche aushandeln konnten, wussten die beiden nicht, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollten.
Wir waren alle in der Garderobe vor dem Auftritt, Roy war gezeichnet vom Unfall aber unbeugbar und mit Schalk. Und Sigi – wie ich ihn nannte, rauchte mal wieder zu viel. Es ging dann plötzlich nicht mehr nur um die Illusion, sondern auch darum zu schauen, dass die Presse und geladenen Gäste welche plötzlich hinter die Bühne stürmten den Tigern nicht in die Quere kommen. Siegfried war natürlich sehr nervös und ich schaute alles aus dem Weg zu räumen, worüber er sich hätte aufregen können.
Die grossen Entscheide hat Siegfried nie wirklich bewusst abgewägt, sie passierten einfach. „It was destiny“ sagte er oft, denn Englisch sprach er inzwischen besser als Deutsch. Und darin lag wohl eine unserer grössten Gemeinsamkeiten.
Zusammen mit Roy hatte er nicht nur Las Vegas nachhaltig verändert, sondern auch die Magie.
Vor seinem 80. Geburtstag rief er mich an, meinte er möchte eigentlich lieber nicht die grosse Party schmeissen. Doch seinen Humor, den hatte er behalten.